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Steckbrief: Leitlinien und Konzepte

Informelle Planungsinstrumente für eine klimaorientierte Stadtentwicklung

Ziel:

Mit informellen, kooperativen Instrumenten wie Leitlinien und Konzepten können Sie erste Ziele und Ideen konkretisieren. So integrieren Sie
Klimaanpassung frühestmöglich in den Planungsprozess und können noch vor der rechtsverbindlichen Planung mögliche Konflikte adressieren.
Der Steckbrief stellt Praxisbeispiele vor.

Für:

Fallbeispiel: Klimaanpassungskonzept für den Hitzeschutz in Freiburg

2018 erarbeitete das Stadtplanungsamt ein gesamtstädtisches Konzept, das die derzeitige und künftige Hitzebelastung untersucht, Prioritäten setzt und Maßnahmen zum Hitzeschutz formuliert, um die Lebensqualität in der Stadt langfristig zu sichern. Hervorzuheben ist hierbei die enge Zusammenarbeit von Stadtplanung und Klimatologie zur Erstellung des Klimaanpassungskonzepts. Dieses umfasst u. a.:

Bild: Stadt Freiburg / berchtoldkrass space&options / Geo-Net-Umweltconsulting

Abb. 1: Maßnahmenplan für das gesamte Stadtgebiet Freiburgs.¹

„Leitlinien und Konzepte sind wichtige Instrumente für die klimaorientierte Stadt- und Siedlungsentwicklung. Formulieren Sie klare Ziele, achten Sie auf eine fachübergreifende Zusammenarbeit und sorgen Sie für die politische Absicherung. So schaffen Sie wirksame und ressortübergreifende Rahmenbedingungen für klimaangepasste Planungen auf allen Maßstabsebenen.“

Dr. Simone Linke
Technische Universität München

Vorteile auf einen Blick

Leitlinien und Konzepte …

Erfolgsfaktoren

  1. Alle Ressorts für Klimafolgen sensibilisieren
    Die Wahrnehmung des Handlungsbedarfs für die Klimaorientierung und ein politischer Auftrag sind wichtige Voraussetzungen für die Beauftragung und Erstellung von Leitkonzepten zur Klimaanpassung. Nutzen Sie verschiedene Formate zur Sensibilisierung wie (Impuls-)Vorträge, Informationsveranstaltungen und Fachgespräche, um alle Beteiligten zu erreichen.
  2. Verbindlichkeit durch Beschlüsse erhöhen
    Nur durch einen behördlichen Beschluss erhalten informelle Planungsinstrumente eine gewisse Verbindlichkeit. Hierzu muss den Behörden die Notwendigkeit eines Leitkonzepts ersichtlich sein. Fordern Sie zusätzlich Bekenntnisse der lokalen Politik zu klimatischen Belangen.
  3. Interdisziplinäre Bearbeitung fördern
    Fordern und fördern Sie die Einbeziehung aller Fachbereiche durch qualifizierte Arbeitsgruppen und ergänzen Sie diese ggf. durch externe Gutachter:innen. Prüfen Sie bei der Vergabe externer Leistungen, ob die Büros auf Klimaanpassung spezialisiert sind.
  4. Frühe Planungsphasen nutzen
    Wie bei anderen Planungsprozessen ist auch bei Leitlinien die frühe Phase für den inhaltlichen Rahmen entscheidend. Berücksichtigen Sie klimatische Belange frühzeitig, um eine größtmögliche Wirksamkeit zu erzielen.
  5. Inhalte konkretisieren
    Nutzen Sie weitere Planungsinstrumente (z.  Flächennutzungs- und Bebauungspläne oder städtebaulich-freiraumplanerische Wettbewerbe), um die Leitlinien anzuwenden, klimarelevante Maßnahmen zu konkretisieren und diese in Projekten umzusetzen. Anregungen dazu finden Sie in unseren Materialien im Oberthema.
  6. Evaluieren und fortschreiben
    Leitlinien bilden den Status quo ab. Hinterfragen Sie bestehende Leitlinien fortlaufend und passen Sie diese ggf. an neue Erkenntnisse an.
  7. Neue Fachstellen schaffen
    Prüfen Sie, ob die Schaffung neuer Fachstellen wie ein Klima- und Nachhaltigkeitsmanagement nötig und machbar ist, um Klimabelange in der Verwaltung zu etablieren und zu stärken.

Beispiele aus der Praxis

Konzeptgutachten Freiraum München 2030 „Entschleunigung – Verdichtung – Umwandlung“ (München)

Das Konzeptgutachten stellt alle zu sichernden, zu entwickelnden und zu gestaltenden Freiräume auf gesamtstädtischer Ebene dar. Darin enthalten sind auch die klimawirksamen Freiflächen der Klimafunktionskarte, sodass der Aspekt der Klimaanpassung in die gesamtstädtische Freiraumentwicklung integriert wird. Das informelle Gutachten entstand 2015 und wird mit Schlüsselprojekten weiter konkretisiert.

Grafik: bgmr Landschaftsarchitekten i. A. der LHM 2015

Abb. 2: Übergeordnete Freiraumkulisse – Kernelemente der langfristigen Freiraumentwicklung 2030, z. B. Grüngürtel- und Flusslandschaften, Parkmeilen und grüne Wege.²

Das Konzeptgutachten beinhaltet:

Inhalte zu klimatischen Belangen:

Stadtentwicklungsplan Klima 2.0 (Berlin)

Im Jahr 2021 aktualisierte das Land Berlin den Stadtentwicklungsplan Klima zum zweiten Mal. Er bildet die konzeptionelle raumbezogene Basis für das gesamte Stadtgebiet auf dem Weg in die Klimaneutralität. Die aktualisierte Version trifft räumlich differenzierte Aussagen zu den Themen Klimaschutz und Klimaanpassung für die Zeit bis 2030 und darüber hinaus. Ziel ist die Integration klimatischer Belange in alle Bereiche der Stadtentwicklung unter den Stichworten „vorausschauend, nachhaltig und sozial ausgeglichen“.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden sieben Leitlinien und fünf Handlungsansätze für konkrete Gebietskulissen entwickelt. Die Leitlinien umfassen Aspekte wie die Senkung des CO2-Ausstoßes, die Förderung blau-grüner Maßnahmen zur Kühlung der Stadt oder Klimaschutz und Klimaanpassung als regionale Aufgabe. Regenwasser soll als kostbare Ressource genutzt werden, die Leitlinien adressieren aber auch Themen wie Überflutung und Gewässerqualität.

Der Stadtentwicklungsplan Klima 2.0 beinhaltet:

Foto: Till Budde i. A. der Stadt Berlin 2021

Übergeordnete Freiraumkulisse – Kernelemente der langfristigen Freiraumentwicklung 2030, z. B. Grüngürtel- und Flusslandschaften, Parkmeilen und grüne Wege.

Konzept zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels (München)

Den Grundstein für dieses umsetzungsorientierte 2016 beschlossene Konzept legte ein Stadtratsbeschluss von 2013 mit dem Ziel, für München Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu entwickeln. Insgesamt wurden zu acht übergeordneten Zielen 26 Maßnahmen beschlossen, umgesetzt und einem Monitoring zur Bewertung unterzogen. Die Ziele umfassen beispielsweise die Förderung der klimatischen Ausgleichsfunktion auf gesamtstädtischer Ebene, die Entwicklung klimawirksamer Freiflächen oder die Potenzialanalyse von Bauwerksbegrünungen. 2022 wurde eine Fortschreibung mit weiteren Maßnahmen beschlossen.

Hervorzuheben ist die enge Zusammenarbeit der zuständigen Dienststellen, die in vier thematischen Arbeitsgruppen das Konzept erarbeitet haben und dadurch sehr gut eingebunden waren. Folgende Themen wurden bearbeitet:

Das Konzept beinhaltet:

Foto: Nagy, LHM 2016

Straßenbaumkonzept (Leipzig)

Das Straßenbaumkonzept schafft erstmals auf gesamtstädtischer Ebene einen strategischen Handlungsrahmen für die Entwicklung des Leipziger Straßenbaumbestands und für Neupflanzungen. Im Fokus steht hierbei die Erweiterung des Straßenbaumbestands als wesentlicher Bestandteil der grünen Infrastruktur: Der aktuelle Stand der Planung sieht ca. 500 zusätzliche Baumstandorte pro Jahr vor und ergänzt die rund 500 bestehenden Erstpflanzungen bei Straßenbaumaßnahmen. Gleichzeitig leisten die Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zu weiteren Konzepten der Stadt. Zu diesen zählen das integrierte Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030, die Freiraumstrategie, der Luftreinhalteplan sowie der Stadtentwicklungsplan Verkehr und öffentlicher Raum.

Das Straßenbaumkonzept wurde 2019 von einer Arbeitsgruppe aus der Stadtverwaltung und der Stadtreinigung unter Beteiligung interessierter Bürger:innen erarbeitet.

Das Konzept beinhaltet:

Grafik: Stadt Leipzig, Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport, Amt für Stadtgrün und Gewässer 2019

Weitere Beispiele für Konzepte und Leitlinien finden Sie hier:

Die Frankfurter Anpassungsstrategie an den Klimawandel – 2.0 bildet einen Rahmen für neue Konzepte, Projekte und die Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen.

Der bayrische Landkreis Ebersberg adressiert in seinem Klimaanpassungskonzept verschiedenste Bereiche, etwa Gesundheit, Tourismus, Forstwirtschaft und Industrie.

Das Stadtbaumkonzept für Düsseldorf enthält Empfehlung von Baumarten und eine interaktive Karte.

Das gesamtstädtische Freiraumkonzept Nürnberg enthält Konzepte und Strategien zum langfristigen Erhalt und der Verbesserung der Grün- und Freiraumsituation vor Ort.

Zudem stellen wir im Oberthema Integration in Planung und Verwaltung weitere Handlungsmöglichkeiten, etwa im Rahmen von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen, vor.

  1. Stadt Freiburg / Berchtoldkrass (2019). Klimaanpassungskonzept. Ein Entwicklungskonzept für das Handlungsfeld „Hitze“ – Maßnahmenplan. https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/params_E166843867/2071115/20201013_KLAK_Planwerk_Massnahmenplan.pdf
  2. bgmr Landschaftsarchitekten GmbH im Auftrag der Landeshauptstadt München (2015). Konzeptgutachten Freiraum München 2030: Entschleunigung – Verdichtung – Umwandlung, S. 88–89.

Hintergrund

Für das Projekt „Grüne Stadt der Zukunft“ untersuchten das Referat für Stadtplanung und Bauordnung und das Referat für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt München gemeinsam mit der Technischen Universität München, welche Handlungsmöglichkeiten verschiedene formelle und informelle Planungsinstrumente für eine klimaorientierte Stadtplanung bieten.

Impressum

Autor:innen:

Eva-Maria Moseler
Landeshauptstadt München, Planungsreferat

Simone Linke
Annabell Hoffmann
Technische Universität München

Stand: Oktober 2023

Redaktion: Antonia Sladek, IÖW

Herausgeber:innen:
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) GmbH, gemeinnützig
Potsdamer Straße 105, 10785 Berlin
kommunikation@ioew.de

Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU)
Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München
bernhard.gill@lmu.de

Gestaltung:
Volker Haese, Dipl. Grafik-Designer, Bremen

Projekt:
„Grüne Stadt der Zukunft – klimaresiliente  Quartiere in einer wachsenden Stadt“